§ 4 Umgang mit Cannabissamen
(1) Der Umgang mit Cannabissamen ist erlaubt, sofern die Cannabissamen nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist die Einfuhr von Cannabissamen zum Zweck des privaten Eigenanbaus von Cannabis nach § 9 oder des gemeinschaftlichen Eigenanbaus von Cannabis in Anbauvereinigungen nach Kapitel 4 nur aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt.
(3) Die Bestimmungen zum Umgang mit Vermehrungsmaterial nach § 10 sowie Kapitel 4 bleiben von Absatz 1 unberührt.
(4) Cannabissamen, die entgegen Absatz 2 eingeführt worden sind oder eingeführt werden sollen, können sichergestellt werden; § 2 Absatz 5 gilt entsprechend.
Überblick
§ 4 regelt den Umgang mit Cannabissamen.
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Regelungsinhalt
Absatz 1 | Umgang mit Cannabissamen
Wenn Cannabissamen nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind, ist der Umgang mit ihnen erlaubt. Diese Regelung ist an die bisherige Ausnahmeregelung a) zur Position „Cannabis“ in Anlage I des BtMG angelehnt. Sie ist sachgerecht, da Cannabissamen über keinen THC-Gehalt verfügen und somit keine psychoaktive Wirkung haben. Die Regelung stellt klar, dass der Umgang mit Cannabissamen beispielsweise in der Lebensmittel- und Futtermittelbranche – vorbehaltlich dort geltender spezieller Regelung – wie bisher weiterhin zulässig ist. [1]
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Absatz 2 | Einfuhr von Cannabissamen
Die Einfuhr von Cannabissamen aus EU-Mitgliedstaaten für den privaten Eigenanbau und den gemeinschaftlichen, nichtgewerblichen Anbau von Cannabis in Anbauvereinigungen ist gestattet. Absatz 2 ermöglicht den Erwerb von Cannabissamen durch Erwachsene innerhalb der EU zum Zweck des privaten Eigenanbaus und durch Anbauvereinigungen zum Zweck des gemeinschaftlichen Eigenanbaus im Wege des Internethandels oder sonstigen Fernabsatzes. Cannabissamen dürfen zu den genannten Zwecken per Post, Kurier- oder Lieferdienst innerhalb der EU nach Deutschland versendet und eingeführt werden. [2]
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Die Einfuhr von Cannabissamen ist mit den betäubungsrechtlichen Bestimmungen des Völker- und Europarechts vereinbar. Cannabissamen fallen nicht in den Anwendungsbereich der völkerrechtlichen Suchtstoffübereinkommen. Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe bezeichnet der „Ausdruck ‚Cannabis‘ die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist, und zwar ohne Rücksicht auf ihre Benennung; ausgenommen sind die nicht mit solchen Ständen
vermengten Samen und Blätter“. Eine abweichende Definition von „Cannabis“ ist in keinem anderen völker- oder europarechtlichen Regelungstext enthalten, sodass die aus dem Einheits-Übereinkommen von 1961 zitierte Begriffsbestimmung von „Cannabis“ in das übrige Völker- sowie das Europarecht ausstrahlt und zu übertragen ist. [3]
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Aus dem EU-Landwirtschaftsrecht folgt jedoch, dass ein Import von Cannabissamen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union nicht möglich ist. Der Verkehr von Cannabissamen innerhalb der Europäischen Union ist hingegen zulässig. Dem steht auch die Richtlinie 2002/57/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen nicht entgegen, denn ihr Anwendungsbereich beschränkt sich darauf, dass Saatgut für den kommerziellen Anbau einer Öl- oder Faserpflanze verwendet wird. Das KCanG regelt im Gegensatz zum Anwendungsbereich der genannten Richtlinie gerade den privaten und gemeinschaftlichen, nichtgewerblichen Eigenanbau von Cannabis. [4]
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Absatz 3 | Verkehrsmaterial
Auch wenn Vermehrungsmaterial zum erlaubten Anbau von Cannabis verwendet wird, sind die Vorschriften des KCanG zur Sicherung und Weitergabe von Vermehrungsmaterial, insbesondere in § 10 sowie in den §§ 20 bis 22, zwingend einzuhalten, um einen effektiven Jugend- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Daher bleiben § 10 sowie die Vorschriften des Kapitels 4 zum Umgang mit Vermehrungsmaterial von der allgemeinen Erlaubnisnorm in Absatz 1 unberührt.[5]
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Absatz 4 | Bußgeldvorschriften
Ein Verstoß gegen § 4 Absatz 2 ist gemäß § 36 Absatz 1 Nummer 3 bußgeldbewehrt. Damit die Zollverwaltung befugt ist, entgegen § 4 Absatz 2 unerlaubt im Verkehr befindliche Cannabissamen sicherzustellen, wird § 2 Absatz 5 analog angewendet.[6]
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Einzelnachweise